Es ist der 27. Mai. Das Auto ist prall gefüllt mit Equipment, Verpflegung und Kleidung für die nächsten Tage. Es geht in eine der schönsten Regionen Deutschlands, nach Berchtesgaden. Doch zuvor liegen rund 600km Fahrt vor mir. Nach ca 1h Autobahn stockte der Verkehr und kam zum Erliegen. Stau auf der A9. Klasse, dachte ich mir und sah dem geplanten Sonnenuntergang am Hintersee schon skeptisch entgegen. »Das wird sicher nix mehr!«

Der Stau löste sich nach einer halben Stunde kläglichem Stop & Go allmählich auf und die Räder wurden wieder strapaziert. Das Bild vom Sonnenuntergang hatte ich noch vor Augen, jedoch rückte es nach einem weiteren kleinen Zwischenfall in zunehmende Ferne. Eine dunkle rauchende Wand breitete sich über der Autobahn aus und in Gedanken malte ich mir schon eine Vollsperrung dank eines brennenden Autos aus. Tschüss Sonnenuntergang! Der Rauch wurde Meter um Meter langsam lichter und ließ einen extrem rauchenden 7er BMW zum Vorschein kommen. Tolle deutsche Wertarbeit dachte ich mir. Nur gut, dass man solche Autos nicht mitbaut. ?

Die Fahrt ging anschließend recht zügig voran und keinerlei Stau verzögerte mehr meine Reise in den Süden. Es wird dennoch eng fürs geplante Bild! Die Sonne neigte sich schon dem Horizont und ließ bei meiner Ankunft an der Alpengrenze die Berge traumhaft rot leuchten. Zu meiner Linken hatte ich den Chiemsee und rechts rotleuchtende Alpen. Meine Hände waren am Lenkrad gefesselt und die Kamera durfte Beifahrer spielen. Innerlich ärgerte ich mich tierisch, aber was sollte ich machen? Entweder halten und Bilder von den rötlichen Alpen machen oder weiterfahren und das geplante Foto schießen. Ich entschied mich für´s weiterfahren auch wenn es ziemlich unrealistisch geworden ist pünktlich anzukommen.

21:08 Uhr war Sonnenuntergang, diese Zeit gilt aber nicht für von Bergen umhüllte Seen. Einen kurzen Stopp legte ich vor meiner Ankunft am Hintersee allerdings doch noch ein, um dieses tolle Panorama festzuhalten. 20:30 Uhr trudelte ich dann endlich an meinem Ziel ein.

Der Hintersee

Nun war ein wenig Beeilung angesagt! Fix ging es die schmale Straße zum See hinunter. Das Auto schnell am Rand geparkt, die Kamera und mein Vanguard-Stativ (Partnerlink) geschnappt und ab zum See. Was sich mir bot war eine traumhafte Kulisse aus seichten Nebelschwaden, leicht rötlichen Wolken, schneebedeckten Bergen und ein klarer und ruhiger Hintersee, in dem sich all das spiegelte. Fantastisch! Nach dem beliebtesten Fotospot vor Ort musste ich kurz suchen. Als mir dann die großen Steine im Wasser samt der Bäume darauf aufgefallen sind, war mir klar, das ist er.

Nach einem kurzen Fußmarsch zum Ufer zog ich sofort die Kamera, um noch das letzte Licht zu ergattern. Das Pärchen, was schon an dem Plätzchen stand begrüßte ich nur schnell mit einem kurzen Hallo und widmete mich erst einmal dem Fotografieren. Die Strapazen der Fahrt waren vergessen und ich genoss den Moment der Stille. Es war zwar nicht ganz das Bild, was ich mir vorgestellt hatte, aber der Nebel gab dem Ganzen das gewisse Etwas. Ich war also dennoch sehr zufrieden mit dem Ergebnis! Fertig mit dem Fotografieren und erleichtert doch noch ein Bild an dem Abend machen zu können, folgten Gespräche mit dem zuvor genannten Pärchen. Sie kamen aus Hamburg und Sebastian studierte früher in Leipzig und war hin und wieder zu Besuch in Halle. Es kann doch nicht sein, dass man fast 600km fährt und die ersten Menschen die man trifft kennen Halle nicht nur vom Hören. Zufälle gibt es. 

Die erste Nacht

Beruhigt vom doch noch geschafften Bild und der Stille im Ort, bereitete ich das Auto für die erste Nacht vor. Die Luftmatratze füllte sich allmählich mit Luft und die Decken verkleideten die Fenster vor neugierigen Blicken und dem nächsten Morgenlicht. Das Bierchen was ich mir mitgenommen hatte ließ ich dann doch ungeöffnet und verließ den Tag ins Land der Träume. Es war 23 Uhr und es hieß Gute Nacht Welt. ?

Gefühlte 2h später wackelte mein Auto aus heiterem Himmel und ich dachte was ist denn jetzt los. Ich war es vom letzten Roadtrip ja schon gewöhnt im Auto zu schlafen und auch diesen Fall hatte ich damals, aber es geht einem ganz schön die Pumpe wenn so etwas unvorhergesehenes eintritt. Es war nur eine Katze die mein Auto als Spielplatz für diese Nacht auserkoren hatte. Es war zum Glück der einzigste Vorfall und ich konnte den Rest der Nacht durchschlafen.

Sonnenaufgang am Hintersee

Der Wecker ließ mich halb 6 aus dem Auto springen und ich wollte natürlich (wenn man schon mal da ist) auch gleich ein Sonnenaufgangsbild haben. Das Wetter spielte mit und der See war schön ruhig. Der Nebel war allerdings verschwunden, dafür strahlten aber die Berge in einem schönem Licht. Dieses Mal tummelten sich bedeutend mehr Fotografen am zuvor besuchten Spot, so dass ich mich für eine andere Stelle entschied. Nach ein paar Metern im Zauberwald, fiel mir eine wesentlich kleinere Insel im Wasser mit dem Kontrast zum sich spiegelnden Berg im Hintergrund auf. Das seitlich eintreffende Sonnenlicht setzte beides gut in Szene. 

Nach ein paar Mückenstichen und gemachten Bildern beschloss ich mich langsam auf dem Weg zu machen. Mit einem kurzen Zwischenstopp an der Rammsauer Ache und der Pfarrkirche St.Sebastian ging es einen Kaffee später weiter zum Parkplatz der Wimbachklamm.

Der Aufstieg zum Watzmannhaus

Das Auto war geparkt und beim Gang zum Parkscheinautomaten machte mir mein Portmonee klar, dass es nicht mit ausreichend Münzen dienen konnte. 7€ wurden für einen Tag fällig. Da frage ich mich, warum werden keine höherwertigen Automaten aufgestellt die auch Scheine entgegennehmen und vor allem Wechselgeld herausgeben. Die Hilfe nahte! Es kam zum Glück ein Herr vom Personal samt riesigem Münzsack und wechselte mir meine Scheine in genügend Kleingeld. Nachdem das dann zum Glück geklärt war, schlüpfte ich in meine neuen Wanderschuhe (Partnerlink). Den Rucksack samt Proviant geschnappt, die Kameratasche (Partnerlink) umgeschnallt und los ging es auf den 4-stündigen Aufstieg zum Watzmannhaus. Inklusive Pausen ist diese Zeit realistisch wenn man einigermaßen Beinkraft mitbringt.

Der Weg führte mich vorbei an einer mit Kühen gespickten Alm und anschließend über unzählige Steine den Berg hinauf. Immer im Blick das Watzmannhaus. Man weiß also immer wie weit man noch entfernt ist. Die Sonne schien am ersten Tag ganz schön stark und keine einzige Wolke konnte man am Himmel erblicken. Dies sollte sich aber später noch ändern. 

Nach etlichen Pausen und einem mittlerweile klitschnassem T-Shirt erreichte ich nach 4 Stunden zuerst eine Schneewand, die ich als Abkühlung nutzen konnte und anschließend dann das auserkorene Ziel, das Watzmannhaus. Endlich! Mein Magen grummelte nach dem Aufstieg ein wenig und somit gab es erst einmal etwas zu essen. Es gab Bratkartoffeln mit Sülze und einem Bier dazu. ?

Die Aussicht vom Plateau entschädigte für die Strapazen ungemein und bot einen wunderschönen Blick über den Berchtesgadener Nationalpark. Den Königssee konnte man von hier leider nicht betrachten. Dafür müsste man glaube ich auf den Gipfel vom Watzmann.

Der abenteuerliche Abstieg

Gestärkt und von der Aussicht satt gesehen machte ich mich langsam an den Abstieg vom Watzmannhaus. Dass dieser sehr abenteuerlich werden würde, wusste ich zu dieser Zeit noch nicht. Zu Hause noch hatte ich mich auf den Fall eingestellt kein Internet am Handy zu haben und habe es somit mit einer Offlinekarte bestückt, die nur mit GPS funktionierte. In dieser war ein Weg eingezeichnet, der über den teilweise schneebedeckten Gletscher führte. Von weitem sah ich zwei Personen diesen Weg entlanggehen und dachte mir, wenn die beiden da lang gehen dann wird es da auch einen Weg geben. Also auf geht´s! 

Ich machte mich nun also auf den Weg und grüßte die beiden freundlich, deren Fußspuren ich über den Schnee folgte. Am Ende vom Gletscher schlängelte sich ein winziger Pfad entlang, auf dem ich natürlich weiter hinabging. Ich kam über Geröllfelder, kleinere Wiesen und viel Wald. Die zwei Rehe die ich sah blickten mich an als wäre ich der erste Mensch den sie sahen. Den Pfad verlor ich hin und wieder aus den Augen und musste mich per GPS auf ihn zurückfinden. Als wenn das noch nicht schon gereicht hätte, setzte auch noch ein Gewitter ein, dass mir zwar Abkühlung, aber dafür auch nasse und somit rutschige Wurzeln auf den Wegen bescherte. Den Regenschirm hatte ich zum Glück eingesteckt und konnte mich somit vor den Wassermassen schützen. Unmengen von umgestürzten Bäumen über die ich hinweg- und -darunter durchsteigen musste machten mir zunehmend den Abstieg schwerer und zogen ihn extrem in die Länge. Die Wimbachklamm war immer zu meiner Linken gut sichtbar im Tal verlaufend, jedoch lagen dazwischen ein paar 100 Meter Höhenunterschied und ein Steilhang. Die Dämmerung setzte langsam ein und versetzte mich ein wenig unter Zeitdruck. Eine starke Taschenlampe habe ich zur Not bei solchen Touren immer einstecken und bin ein wenig abgesichert falls die Nacht dennoch hereinbrechen sollte. So weit kam es dann aber glücklicherweise nicht.

Der kleine Pfad mündete irgendwann in einem breiter ausgebauten Weg ohne quer liegende Bäume, der mich dann auch endlich wieder zügig vorankommen ließ und dieser führte mich wiederum zum bekannten Weg vom Aufstieg. Nach insgesamt 6 Stunden war ich wieder an meinem Ausgangspunkt angekommen. Auf diesem Weg bin ich keinem weiterem außer den anfangs erwähnten zwei Personen begegnet. Jetzt wirst du sicher denken, dass war leichtsinnig. Ja du hast Recht, aber wie würdest du verfahren wenn die Dämmerung schon zu weit voran geschritten ist um umzukehren?

Am Auto war ich dann sehr erleichtert und konnte auch endlich wieder etwas trinken, denn mein Vorrat von zwei Litern war schon vor ca einer Stunde aufgebraucht und somit war meine Kehle schon ein wenig trocken. Der Sonnenbrand, den ich mir in der prallen Sonne beim Aufstieg eingefangen hatte machte sich auch so langsam bemerkbar. Die Sonnencreme hatte ich schön im Auto vergessen, wo sie sehr gut lag. ? Dafür hatte ich durch meine Sonnenbrille wenigstens einen schönen weißen Abdruck im Gesicht, das störte mich aber angesichts des mühseligen Abstiegs recht wenig. Hauptsache wieder am Auto.

Tagesausklang

Nach diesem physisch und psychisch sehr anstrengendem Tag sehnte ich mich nach Erfrischung und Erholung. In der Watzmanntherme ließ ich den Tag bei sprudelndem Nass noch einmal in Gedanken Revue passieren. Er hat mich zwar noch nicht an meine Grenzen gebracht, aber mir sehr wohl bewusst gemacht wo diese liegen. Entscheidungen treffe ich mittlerweile grundlegend aus dem Bauch heraus und gehe meist Wege, die wenige bereit sind zu gehen. Einige von ihnen sind mit Risiken behaftet und man sollte sehr bewusst abwägen, ob man bereit ist diese auch einzugehen. Das spiegelte sich an diesem Tag mal wieder sehr deutlich in meinen Entscheidungen wieder. Damit meine ich nicht das eigene Leben aufs Spiel zu setzen. Wäre ich auf diesem Weg an eine Passage gekommen, die mir zu riskant erschien, dann wäre ich bereit gewesen auch den ganzen Weg wieder zurückzugehen. 

Erholt und wieder frisch machte ich mich auf die Suche nach einem geeigneten Schlafplatz. Dieser war zum Glück schnell gefunden und es hat nach diesem anstrengenden Tag auch nicht sehr lange gedauert eh ich ins Land der Träume bin. Das Auto habe ich nicht unweit meines nächsten Reiseziels, der Almbachklamm geparkt. Was ich an diesem Tag dann erlebt habe und welches Reiseziel noch auf der Agenda stand erfährst du im nächsten Blogbeitrag. Trage dich gerne unten über den Button ein, um gleich informiert zu werden wenn er erscheint.

Bist du auch schon einmal am Hintersee oder dem Watzmannhaus gewesen? Hast du vielleicht ähnliche Situationen durchmachen müssen wie ich? Dann lass mir doch gerne einen Kommentar da. Ich würde mich sehr über einen Kommentar von dir freuen.

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